Brauche ich eine Vorsorgevollmacht – ich bin doch verheiratet !?

Die Ehe bietet in vielerlei Hinsicht Geborgenheit und Sicherheit. Das führt entgegen einer weit verbreiteten Meinung aber nicht dazu, dass sich Ehegatten in sämtlichen Lebenssituationen gegenseitig rechtswirksam vertreten können. Das Gegenteil ist der Fall: Grundsätzlich gilt, dass Ehegatten nur berechtigt sind sog. „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“ mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu tätigen. Hierunter fallen beispielsweise die Anschaffung von Lebensmitteln, von notwendigen Kleidungsstücken oder notwendiger Haushaltsgegenstände. Alle darüber hinausgehenden Rechtsgeschäfte können Ehegatten grundsätzlich nicht mit Wirkung für den anderen Ehegatten tätigen. Dafür benötigen sie, wie jede andere Person auch, eine Vollmacht.

Da sich die Frage nach der Vertretung des Ehegatten häufig erst dann stellt, wenn dieser aufgrund einer plötzlichen Krankheit oder eines Unfalls selbst nicht mehr in der Lage ist seine Angelegenheiten zu erledigen, ist es sinnvoll eine solche Vollmacht vorsorglich zu erteilen (Vorsorgevollmacht).

Wie man diese Vollmacht inhaltlich gestaltet, insbesondere für welche Angelegenheiten der Ehegatte berechtigt sein soll den anderen Ehegatten zu vertreten, kann jeder Vollmachtgeber nach seinen individuellen Bedürfnissen wählen. Typische Angelegenheiten, die in einer Vorsorgevollmacht geregelt werden können, sind insbesondere die Personensorge, die Gesundheitsfürsorge oder die Aufenthaltsbestimmung, d. h. zum Beispiel eine Entscheidung über die Unterbringung in einem Pflegeheim. Nicht möglich ist es hingegen, den Ehegatten mit dem Abschluss höchstpersönlicher Geschäfte, wie beispielsweise der Errichtung eines Testamentes zu beauftragen.

Die Vorsorgevollmacht muss schriftlich erstellt werden. Soll die Vollmacht auch zur Vornahme von Grundstücksgeschäften berechtigen, ist eine notarielle Beurkundung der Vollmacht erforderlich.

Die Vorsorgevollmacht hat den Vorteil, dass man, wenn man aufgrund eines Unfalls oder einer plötzlicher Krankheit nicht mehr selber handeln kann, jedenfalls selber ausgewählt hat, wer einen vertritt. Wer seine Vorsorgevollmacht dann noch im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) registrieren lässt, sorgt dafür, dass die Gerichte diese Vorsorgevollmacht auch im Fall der Fälle finden. Hat man nämlich keine Vorsorgevollmacht erteilt, bestimmen die Gerichte eventuell eine fremde Person als rechtlichen Betreuer.

Die bevollmächtigte Person kann, muss aber nicht zwingend, der eigene Ehegatte sein. Es gibt Situationen, in denen eine andere Person aufgrund fachlicher Kompetenzen geeigneter zur Vertretung ist, als der eigene Ehegatte. Sind beispielsweise die Vermögensverhältnisse des Ehegatten komplex und vielseitig ausgestaltet, weil dieser sein Vermögen in Wertpapieren angelegt hat,  kann es sinnvoll sein eine vertraute, aber darüber hinaus auch fachkundige Person mit den Angelegenheiten der Vermögensfürsorge des Ehegatten zu beauftragen.

Für besonders schwierige Angelegenheiten, wie beispielsweise eine Entscheidung über die Unterbringung des Ehegatten in einem Pflegeheim oder den Verkauf des Hauses, kann es sinnvoll sein, zwei oder mehrere Personen mit der gemeinsamen Vertretung zu beauftragen (Gesamtvertretungsbefugnis).

Voraussetzung für die Bevollmächtigung einer Person ist in jedem Fall ein besonderes Vertrauensverhältnis, da die Ausübung der Vorsorgevollmacht im Gegensatz zu der Tätigkeit eines gerichtlich eingesetzten Betreuers nicht gerichtlich beaufsichtigt oder kontrolliert wird. Die damit verbundenen Risiken sind die Kehrseite der Selbstgestaltungsmöglichkeiten, die die Vorsorgevollmacht bietet und sie sollten bei der Wahl der vertrauten Person unbedingt bedacht werden.

Von der Vorsorgevollmacht zu unterscheiden ist die Patientenverfügung, bei der der Vollmachtgeber ausschließlich Bestimmungen darüber trifft, wie er als Patient ärztlich behandelt werden möchte, wenn er nicht mehr in der Lage ist, selber darüber zu entscheiden.

Eine Kombination von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht hat den Vorteil, dass sichergestellt wird, dass die gewählte bevollmächtigte Person aus der Vorsorgevollmacht den Patientenwillen gegenüber dem Arzt auch artikulieren und gegebenenfalls auch durchsetzten kann. Deshalb sollte man eine Patientenverfügung immer zusammen mit einer Vorsorgevollmacht machen.

Eine anwaltliche Beratung kann Ihnen helfen, eine auf die individuelle Lebens- und Familiensituation passende und rechtswirksame Vorsorgevollmacht ggf. in Kombination mit einer Patientenverfügung zu erstellen.