Meine Geschwister haben mehr bekommen als ich – das ist ungerecht! Ist es das?

Diese Frage stellen sich oft erwachsene Kinder, wenn ihre Eltern verstorben sind und ans Tageslicht gelangt, dass die Eltern ihren Kindern zu Lebzeiten unterschiedlich hohe Geldbeträge oder andere Vermögenswerte geschenkt haben. Die „benachteiligten“ Kinder glauben dann, dass sie die Gerechtigkeit nach dem Tod der Eltern wiederherstellen können, in dem sie nun mehr vom elterlichen Erbe bekommen.

Der familiäre Hintergrund unterschiedlicher finanzieller Zuwendungen ist bisweilen menschlich enttäuschend oder unverständlich. Grundsätzlich sind die Eltern aber frei, über ihr Vermögen zu Lebzeiten zu verfügen. Sie können sich einen Lebenstraum erfüllen und es vollständig selbst ausgeben, sie können es verschenken oder spenden. Rechtlich gesehen ist der elterliche Nachlass für die Erben rein stichtagsbezogen festzustellen. Das bedeutet, dass nur dasjenige Vermögen unter den Erben aufzuteilen ist, das zum Todestag vorhanden war.

Wenn die Eltern kein Testament errichtet haben, haben die Kinder in einigen Fällen die Möglichkeit, Geschenke, die die Eltern den Geschwistern beispielsweise anlässlich deren Heirat, der Gründung einer Familie oder der Ausbildung gemacht haben, bei der Verteilung des Erbes anrechnen zu lassen.

Haben die Eltern ein Testament gemacht und eine unterschiedliche Verteilung ihrer Vermögenswerte verfügt, so haben die zu kurz gekommenen Kinder die Möglichkeit, ihren Pflichtteil zu fordern. Der beträgt zwar nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Nun aber besteht die Möglichkeit, alle Schenkungen, die die Eltern in den vergangenen zehn Jahren den anderen Geschwistern gemacht haben, rechnerisch ganz oder teilweise dem Nachlass hinzuzurechnen.