Anwalt muss auch bei Online-Scheidung umfassend beraten
Online-Scheidungen erfreuen sich bei Scheidungswilligen großer Beliebtheit. Geworben wird mit reduzierten Anwaltskosten, darauf lassen sich viele getrennt lebende Eheleute ein. Trotz aller Streitigkeiten sind sie sich die Ehepartner nämlich häufig noch darüber einig, dass Kosten um jeden Preis gespart werden müssen. Sie sehen einen Anwalt dann das erste Mal im Scheidungstermin vor Gericht, ohne dass sie jemals über die Folgen einer Ehescheidung rechtlich beraten worden wären.
Das Landgericht Berlin hat in einem Urteil vom 5. Juni 2014 (14 O 395/13) nun entschieden, dass einer Frau Schadensersatzansprüche gegenüber ihrer ehemaligen Anwältin zustehen, weil diese sie nicht ausreichend beraten hatte. Die Frau hatte nur das Formular auf der Internetseite der Anwältin ausgefüllt und dort u.a. angegeben, dass auf die Durchführung von Versorgungsausgleich und Ehegattenunterhalt wechselseitig verzichtet werden sollte. Ein derartiger Vergleich wurde später abgeschlossen.
Das Landgericht hat die Anwältin zum Ersatz aller Schäden verurteilt, die der Frau aus dem fehlerhaften Vergleich entstanden sind. Der Frau sei zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht klar gewesen, auf was sie da verzichten würde. Die Anwältin hätte sie über die Folgen des Verzichts beraten müssen. Wenn ein Anwalt auf seiner Homepage mit einer Ehescheidung ohne Anwaltsbesuch wirbt, entbindet ihn das nämlich nicht von seiner Verpflichtung zur umfassenden Beratung.
Ehepartner sollten sich immer einzeln vor der anstehenden Scheidung rechtlich beraten lassen. Nur wenn jemand gut über die Folgen der Ehescheidung informiert ist kann er auch entscheiden, ob er auf Ansprüche verzichtet oder eben nicht.