Aus der Reihe weitverbreiteter Irrtümer: Geschwister haben keinen Pflichtteil!

Ein typischer Beratungsfall: Eine Mandantin sitzt vor mir und möchte ihr Testament machen. Sie ist nicht verheiratet, hat keine Kinder und ihre Eltern leben nicht mehr. Zu ihren beiden Brüdern hat sie ein gutes Verhältnis. Ich frage sie, wer sie nach ihrem Tod beerben soll. Sie ist sich noch nicht ganz schlüssig, überlegt, einem gemeinnützige Organisation oder ihr Patenkind als Erben einzusetzen. Ich erläutere ihr, dass sie natürlich in ihrer Wahl völlig frei ist, also einsetzen kann, wen sie möchte. Spätestens jetzt kommt die Frage: „Was ist mit meinen Geschwistern? Die bekommen doch auf jeden Fall etwas von meinem Vermögen, wenn ich gestorben bin.“

An dieser Stelle erkläre ich, dass die Geschwister erben, wenn die Mandantin kein Testament errichtet. Sie erben ohne Testament deshalb, weil sie die nächsten Verwandten sind.

„Also bekommen Sie doch etwas?“, fragt die Mandantin. Nein, bekommen sie nicht. Die Geschwister sind sozusagen enterbt, wenn die Mandantin durch Testament jemand anderes bestimmt hat. Um es zu verdeutlichen, sage ich ab und zu, dass die Mandantin die Kirche, eine wohltätige Organisation, ihre beste Freundin oder wen auch immer als Erben in ihrem Testament bestimmen kann und die Geschwister in so einem Fall keinen Cent bekommen. Sie bekommen nur etwas, wenn es kein Testament gibt oder, wenn die Mandantin ein Testament errichtet und sie dort begünstigt, ihnen zum Beispiel als Vermächtnis einen Geldbetrag oder bestimmte Gegenstände zuwendet.

Gechwister bekommen keinen Pflichtteil. Man ist ihnen übrigens auch nicht zum Unterhalt verpflichtet, aber das ist wieder ein ganz anders Thema.