Was bedeutet gemeinsames Sorgerecht?

Heutzutage steht in den meisten Fällen den getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern das gemeinsame Sorgerecht für ihre gemeinsamen Kinder zu. Häufig leben die Kinder bei einem Elternteil, der andere Elternteil hat dann das Recht auf Umgang mit dem Kind. Derjenige Elternteil, bei dem das Kind sich mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer Gerichtsentscheidung aufhält, kann bei gemeinsamen Sorgerecht alle Entscheidungen des täglichen Lebens für das Kind alleine regeln und das sind über 90% aller Entscheidungen. Dazu gehört z.B. die Entscheidung über die gewöhnliche medizinische und ärztliche Versorgung des Kindes (z.B Vorsorgeuntersuchungen), alle Entscheidungen, die zum normalen Ablauf des Schullebens gehören (z.B. Entschuldigungen schreiben, Teilnahme an Schulveranstaltungen), Entscheidungen über Freizeiaktivitäten des Kindes und vieles mehr.

Lediglich bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung müssen sich die Eltern einig seien. Das betrifft z.B. den Aufenthalt des Kindes: Sind sich die Eltern darüber nicht einig, entscheidet das Gericht, welchem von beiden Elternteilen das sogenannte Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht. Ein weiterer wichtiger Punkt, über den die Eltern sich einig sein müssen, ist die Frage, welche Schulart das Kind besucht und welche konkrete Schule oder welcher Kindergarten ausgesucht wird. Auch über die Durchführung von medizinischen Eingriffen, oder z.B. die Therapie bei einem Kinderpsychologen, müssen sich die Eltern einigen. Das gilt natürlich nicht bei medizinischen Notfällen, in Notfällen kann jeder Elternteil alleine entscheiden. Über die religiösen Erziehung des Kindes muss ebenfalls Einigkeit bestehen, genauso wie z.B. über einen monatelangen Schüleraustausch oder über den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil. Konten für Kinder können meistens auch nur gemeinsam eröffnet werden.

Kann man sich über diese Sachen von erheblicher Bedeutung für das Kind nicht einigen, entscheidet das Familiengericht.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass der eine Elternteil den anderen Elternteil bevollmächtigt. Das ist praktisch für die Fälle, in denen ein Elternteil nicht immer erreichbar ist, z.B. bei einem längeren Auslandsaufenthalt. In einer solchen Vollmacht kann man die einzelnen Bereiche, für die der andere Elternteil bevollmächtigt werden soll, aufzählen. Die Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden. Das kann eine gute Möglichkeit sein um streitige Gerichtsverfahren zu vermeiden.